Ziele und Themen

Basierend auf der ermittelten Ausgangslage für die Region Westmünsterland, den prognostizierten Entwicklungen für die kommenden Jahre und den abgeleiteten Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken für den Zeitraum bis ca. 2029 wurde in einem umfassenden Beteiligungsprozess ein strategischer Rahmen für die Kulturlandschaft Westmünsterland verabredet, der auf den Prinzipien der Resilienz und deren Verständnis in der Region fußt und sich im zentralen Leitmotiv der Region inhaltlich und konzeptionell zusammenfassen lässt:

„WIR gestalten HIER!“ – Unsere starke Region in stetiger Veränderung

Das Motiv bezieht sich auf die zentralen Aspekte der regionalen Entwicklung: Unter uneingeschränkter Einbeziehung aller Menschen aus der Region („Wir“) und mit einem deutlichen Fokus auf den räumlichen Bezug („Hier“). Ziel ist es, die bereits in weiten Teilen gut aufgestellte („starke“) Region zu festigen und nachhaltig noch weiter zu stärken, auch unter der Herausforderung eines ständigen Wandels, sei es gesellschaftlich, wirtschaftlich oder anderer Art. Damit wird ein deutliches gemeinwohlorientiertes Anliegen zum Kern der strategischen Ausrichtung und zur Antriebsfeder aller geplanten Tätigkeiten der Region in den kommenden Jahren. Gefasst werden diese Ansätze im übergeordneten Leitbild, das die Region wie folgt formuliert:

„5″ für die Region: Wir stehen für enge Zusammenarbeit, Gemeinschaftsprojekte und Nachhaltigkeit, um eine attraktive und zukunftsorientierte Heimat für alle zu sein. Im Mittelpunkt stehen die Menschen, die Gesellschaft, Natur und Umwelt – um resilient auf künftige Anforderungen reagieren zu können.

Übergeordnete und spezifische Entwicklungsziele

Die Region hat für die Zeit bis ca. 2029 Entwicklungsziele der zukünftigen Regionalentwicklung definiert und verabredet. Zwischen den einzelnen Zielen bestehen vielfältige Querverbindungen, die zugleich wichtige Ansatzpunkte für integrierte und vernetzte Entwicklungslösungen sind. Dabei lassen sich die erarbeiteten übergeordneten Entwicklungsziele aufgrund ihrer thematischen Ausrichtungen in drei Handlungsschwerpunkte aufteilen, die in ihrer Formulierung und Stilistik angelehnt sind an das zentrale Leitbild: „Wir gestalten Heimat!“, „Wir gestalten Gemeinschaft!“ und „Wir gestalten Ressourcen!“.

Die regionalen Handlungsfelder und ihre Themen

Unser Zuhause: Wir gestalten Heimat!

Nicht erst die Corona-Krise hat den Wert von „Zuhause“ noch einmal kräftig wachsen lassen: Das Zuhause ist die Keimzelle der BewohnerInnen einer Region und der Anker für all das, was allgemeinhin unter „Heimat“ verstanden wird. Die Kulturlandschaft Westmünsterland fasst mit dem Begriff für die Entwicklungsstrategie der kommenden Jahre konkret alle „harten“ Standortfaktoren zusammen, die die Region zur Heimat von Menschen machen – für die Menschen, die bereits vor Ort sind, aber auch für Menschen, denen die Region künftig eine Heimat sein wird. Es geht also um die Faktoren, die die Standortentscheidung für die Region rational beeinflussen. Strukturwandel, veränderte Ansprüche und Möglichkeiten im Bereich der Versorgung und an das Lebensumfeld, die enger werdende Verknüpfung von Arbeits- und Wohnwelten und die gestiegene Nachfrage an (knappem) Wohnraum unterschiedlichster Art auch im ländlichen Raum stellen vor allem die Dörfer, aber auch die größeren Siedlungsbereiche in der Region – bereits jetzt, aber in zu erwartendem stärkerem Maße in den kommenden Jahren – vor immer größere Herausforderungen; eine Erkenntnis, die bereits in der letzten Entwicklungsstrategie erkannt wurde und der bereits durch ein ähnliches Handlungsfeld seinerzeit Rechnung getragen wurde. Die aktuelle Betrachtung der Daten und die gesammelten Meinungen aus der Bürgerschaft belegen, dass dieser Bereich nichts an Relevanz eingebüßt hat und auch künftig eine, ja vielleicht die zentrale Rolle bei den Zukunftsplanungen spielen wird. Die Siedlungsbereiche in WML, die kleinen wie die großen, müssen echte, lebendige Lebensmittelpunkte darstellen. Die dauerhafte Sicherung einer angemessenen Grundversorgung in den Ortskernen ist dabei ein Hauptanliegen, wobei eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung innerhalb der Region durchaus gewünscht ist. Dabei soll darauf geachtet werden, dass die Angebote realistisch und somit nachhaltig bleiben. Die schwierige Frage des Umgangs mit dem Gebäudebestand ist nach wie vor eine Aufgabe für die kommenden Jahre. Ziel muss es sein, die vorhandene, oft ortsbildprägende Bausubstanz in den Orten der Region zu sichern, aufzuwerten und den Bedürfnissen möglicher Nachnutzer entsprechend anzupassen. Dabei gilt es, die Auswirkungen des demographischen Wandels weiterhin genauestens im Auge zu behalten, aber auch die Bevölkerung zum Umdenken hin zu neuen Wohn(ungs)formen und Miet- und Eigentumsverhältnissen zu bewegen.

Zuhause, das ist im Verständnis der Akteure in der Kulturlandschaft Westmünsterland das Spannungsfeld von Wohnen, Arbeiten, (Grund-)Versorgung, Gesundheitsversorgung, Betreuung und Pflege sowie Bildung. Eine funktionale Grundausstattung für die Bedürfnisse aller Generationen, die Versorgung mit zielgruppenspezifischem Wohnraum für Alle (Singles, Paare, Mietwohnungen, Mehrgenerationenwohnen) und ein ansprechendes Wohnumfeld können dazu beitragen, die Dorf- und Ortskerne in der Region WML als vernetzte Lebensmittelpunkte zu erhalten und zu stärken. Die Chancengleichheit für Alle im Sinne eines umfassenden Zugangs zu Bildungsangeboten, außerschulische Lernstandorte sowie die Möglichkeit, vor Ort Arbeitsplätze verschiedenster Art zu finden, sind weitere dafür wichtige Grundvoraussetzungen. Die nachhaltige und verträgliche Vereinbarkeit dieser Aspekte miteinander, vor dem Hintergrund der gesellschaftlichen und strukturellen Veränderungen, ist daher das priorisierte Handlungsfeld der vorliegenden Strategie.

Unser Miteinander: Wir gestalten Gemeinschaft!

Die künftige positive Entwicklung der „Kulturlandschaft Westmünsterland“ ist nicht nur von den messbaren, rationalen Rahmen- und Standortbedingungen abhängig: Zahlreiche „weiche“ Faktoren sind es, die in der Region Zusammenhalt schaffen und die die Standortbewertung der Region emotional beeinflussen. Dazu zählen Aspekte wie Nachbarschaft, Ehrenamt und Vereine, Treffpunkte für die Begegnung der Menschen vor Ort, Kultur und Identifikation. Aber auch Möglichkeiten für Freizeitgestaltung und Naherholung, verbunden mit der dafür in Anspruch genommenen Nutzung des umgebenden Naturraums der Region sind hier zu nennen.

In der Region WML sind der nachbarschaftliche Austausch und das Engagement der Bürgerinnen und Bürger die wichtigsten Grundpfeiler der dörflichen Gemeinschaften – das wurde in allen Beteiligungssitzungen zur Neubewerbung überdeutlich und immer wieder von den TeilnehmerInnen betont – die Menschen aus den fünf Kommunen wollen künftig noch stärker Gemeinschaft aktiv gestalten. Bereits heute basieren viele Bereiche des täglichen Lebens auf ehrenamtlichen Leistungen, ohne die zahlreiche bestehende Angebote und Funktionen für eine lebendige Gemeinschaft, das Zusammenkommen und den Austausch sowie zur Gestaltung von Freizeit und Naherholung nicht möglich wären. Das Sich-Einbringen des Einzelnen in die Gemeinschaft ist somit ein wichtiger Faktor für eine funktionierende Region. Die Bestandsanalyse zeigt aber, dass dies oft sektoral geschieht und durch eine immer stärkere Inanspruchnahme der Bevölkerung (z.B. durch erhöhte Arbeitsleistungen und reduzierte Freizeit) die Möglichkeiten zum Engagement flächendeckend weitgehend ausgeschöpft scheinen. Eine weitere Herausforderung stellen allgemeine Veränderungen von Sozialstrukturen in der Region dar, die zwar nicht unbedingt regionsspezifisch sind, aber dennoch als allgemeine Entwicklungen besonderer Beachtung bedürfen: z.B. die sich immer weniger durchmischenden Generationen, wohnstandortliche Separation (Neubaugebiete für Familien am Ortsrand, Wohnungen der alteingesessenen Bevölkerung im Kern), unterschiedliche und wenig im Austausch stehende Kultur- und Glaubensgemeinschaften, ein reduzierter Dialog der Generationen und nicht selten ein Klima der Anonymität und des Unverständnisses für die Bedürfnisse und Belange von anderen, das längst nicht mehr nur in größeren Städten zu finden ist, sondern auch auf kleinere Orte übergegriffen hat. Damit verändern sich soziale Gefüge, gewachsene Dorfgemeinschaften werden zum Teil durchsetzt. Das ist grundsätzlich keine negative Entwicklung – Zuwachs von außen ist im Gegenteil ein wichtiger Nachhaltigkeitsfaktor für Orte im ländlichen Raum, auch in WML – , muss aber stetig beobachtet werden und durch entsprechende Angebote und Maßnahmen insofern gelenkt werden, als dass das soziale Miteinander weiterhin Gestalter eines aktiven Miteinanders bleibt. Auch der Bereich der Freizeitgestaltung und der Naherholung gehört zu den Fokusbereichen dieses Handlungsfelds. In zahlreichen Nennungen der TeilnehmerInnen der Workshops wurde bemängelt, dass die Möglichkeiten und Angebote begrenzt, räumlich ungleich verteilt und oftmals auch einfach wenig bekannt seien. Die Schaffung von freizeitorientierten Orten der (intergenerativen) Zusammenkunft und Begegnung, z.B. in Form von Spiel-, Sport- und Verweilorten, soll aktiv vorangetrieben werden. Auch die gebeutelten Branchen der letzten Corona-Jahre – Musik, Kunst und Kultur – bedürfen in den kommenden Jahren besonderer Aufmerksamkeit, um Vielfalt wiederherzustellen und in ihrer Wertschätzung wieder zu erhöhen. Gleichzeitig bietet die Erweiterung der Region um die kulturstarken Kommunen Gronau und Schöppingen die Chance, neue Impulse zu setzen und das regionale Angebot entsprechend im Verbund zu erweitern. Aber auch die naturräumlichen Potenziale für Freizeit und Erholung gilt es dauerhaft zu sichern, wo möglich auszuweiten und in Wert zu setzen – denn der die Region prägende und umgebende Naturraum ist eines der größten Potenziale der Region. Dies gilt z.B. auch für die Instandhaltung der ländlichen Wegenetze. Und anders als in der letzten Förderperiode haben die Menschen vor Ort erkannt, dass es bei diesen Überlegungen nicht (mehr) primär um die Wahrnehmung von außen geht: Nicht die touristische Relevanz und die Außenwahrnehmung der Region stehen in diesem Handlungsfeld im Fokus, sondern die Angebote und Möglichkeiten für die Menschen vor Ort.

Unsere Umwelt: Wir gestalten Ressourcen!

Wie groß die Notwendigkeit zum nachhaltigen Umgang mit der Natur ist, haben nicht zuletzt die zum Teil verheerenden Entwicklungen in den letzten Jahren gezeigt: Ob Trockenheit, „Schneechaos“, Ahrtal-Hochwasser oder Sturmereignisse – die Auswirkungen einer unzureichenden Beschäftigung mit den essenziellen Themen Klima- und Umweltschutz haben uns längst erreicht und sind eine ernstzunehmende Bedrohung der Lebensgrundlagen, auch im ländlichen Raum, auch in der Kulturlandschaft Westmünsterland. So verwundert es kaum, dass der Blick in den Bestand wie auch die Einschätzung der BürgerInnen im Rahmen der Beteiligungsveranstaltungen zur Neubewerbung hier einen wichtigen thematischen Schwerpunkt setzen. Alles im „grünen Bereich“ ist das, was die natürlichen Lebensgrundlagen der Region sichert und den Standort „Westmünsterland“ und dessen Ressourcen nachhaltig bewahrt. Deshalb fasst die Region in einem dritten Handlungsfeld alle Themen zur Umwelt zusammen: Aktivitäten und Maßnahmen in den Bereichen (erneuerbare) Energien und Energieeffizienz, die Unterstützung von Ansätzen zum Re- und Upcycling, das Ausloten von Möglichkeiten zur Entwicklung und Etablierung neuer, nachhaltiger Mobilitätsformen sowie eine optimierte Kommunikation und Bildung im Bereich Klima- und Umweltschutz sollen in den kommenden Jahren einen besonderen Stellenwert bekommen. Dass in der Region hohe Potenziale schlummern, haben Maßnahmen in den letzten Förderperioden bewiesen, die sich z.B. mit den regionalen Windenergiepotenzialen oder der E-Mobilität (E-Car-Sharing) beschäftigten. Ein konkretes Resultat war 2016 die Gründung der AHLeG, einer regionsweiten Energiegenossenschaft, deren Gründung durch LEADER vorbereitet werden konnte. Der Kreis Borken, und damit auch WML, ist die Region mit der zweithöchsten Erzeugung erneuerbarer Energien in ganz NRW, im Bereich Biogas liegt der Kreis sogar ganz vorne. Aktuell arbeitet die Region an einer Untersuchung von geothermischen Potenzialen, von der man nachhaltige Ergebnisse für die künftige Energie- und Wärmeversorgung erwartet. In der kommenden Förderperiode soll das Thema Wasserstoff in den Fokus rücken – hierzu erarbeiten derzeit verschiedene regionale Akteure Ansätze. Die Sektorenkopplung ist hierbei für die Region von besonderem Interesse. Es gilt insgesamt, in regionaler Verantwortung klimaschonendes Verhalten durch neuartige Ansätze und eine breite Sensibilisierung weiter zu fördern sowie ressourcenschonende Einspar- und Effizienzmaßnahmen in allen Bereichen zu unterstützen. Hierbei soll auch ein enger Schulterschluss mit der Wirtschaft und insbesondere mit der Landwirtschaft erfolgen, z.B. indem die Lebensmittelproduktion dahingehend unterstützt wird, mehr als bisher in Richtung „Bio“ und „regional“ ausgelegt zu sein und die Biodiversität bei allem wirtschaftlichen Handeln in Zukunft mitgedacht wird.

Bei allen Überlegungen zur Energie- und Klimathematik gilt es auch, die zunehmenden Ansprüche an die Landschaft durch unterschiedlichste Nutzergruppen zu berücksichtigen. Eine Abstimmung der vielfältigen Nutzungsansprüche an den Naturraum setzt eine fachübergreifende Kooperation von Gemeinden, Kreis, Biologischen Stationen, Wasserverbänden sowie Land- und Forstwirtschaft voraus, die die „Kulturlandschaft Westmünsterland“ in der kommenden Förderperiode durch vernetzende Angebote aktiv unterstützen will. Effektive und langfristige Lösungsansätze im Klima- und Energiesektor können nach Überzeugung der Region nur über einen breiten regionalen Konsens geschaffen werden.